Die Baugeschichte der Bartholomäus-Kirche

von Rolf Botzet

Die Bartholomäuskirche Rödinghausen erhielt ihre heutige Gestalt beim letzten großen Umbau im Jahr 1893. Dieses Kirchengebäude hat mehrere Vorgängerbauten gehabt, und sie alle sind wiederholt umgebaut worden. Von daher blicken wir auf eine lange, verwinkelte und häufig nicht eindeutig zu rekonstruierende Baugeschichte zurück.
Unsere Kenntnis der Baugeschichte stützt sich auf die Ergebnisse einer archäologischen Ausgrabung, auf Archivquellen und auf heute noch sichtbare Spuren der voraufgegangenen Bauten.

Unser Wissen über den ältesten bekannten Bau am heutigen Standort der Bartholomäuskirche verdanken wir einer archäologischen Untersuchung aus dem Jahr 1962.
Bei dieser Grabung entdeckte das Grabungsteam eine Reihe von paarweisen tiefen rechteckigen und leicht abgerundeten Pfostengruben. Als Streufunde wurden zwei Ränder von Kugeltöpfen des 9./10. Jahrhunderts gefunden. Aus den Pfostengruben lässt sich nicht eindeutig ablesen, ob es sich bei diesem Holzbau um eine Kirche oder um ein bäuerliches Gebäude gehandelt hat. Allerdings kann die typische Ausrichtung von bäuerlichen Gebäuden und Kirchen an dieser Stelle weiter helfen. Bäuerliche Gebäude waren traditionell von Nord nach Süd ausgerichtet. Kirchen hingegen besitzen die typische Ost-West-Ausrichtung, bei der Chor und Altar immer nach Osten - das heißt nach Jerusalem - zeigen. Die Pfostengruben dieses ältesten Gebäudes beweisen zweifelsfrei, dass dieser Holzbau die den Kirchen vorbehaltene "Ostung" besaß. Von daher können wir mit einem gewissen Recht vermuten, dass es sich hier um eine aus Holz gebaute Kirche handelte.

Weiterhin helfen zwei Urkunden von König Ludwig dem Deutschen und ein Blick auf die Kirchenorganisation im Raum Herford-Bünde-Rödinghausen, etwas Licht in die Anfänge der Bartholomäuskirche zu bringen. Bünde war im frühen 9. Jahrhundert Zentrum eines sogenannten Urkirchspiels, und die Bünder Kirche gehörte seit der Zeit Ludwig des Frommen dem Stift Herford. Damit unterstand dem Stift Herford die Pfarrseelsorge im ganzen Gebiet des Urkirchspiels Bünde, also auch bis nach Rödinghausen hin. Durch die Urkunde König Ludwig des Deutschen aus dem Jahr 851 wissen wir, dass zu diesem Zeitpunkt der Herrensitz Haus Kilver, 2,5 km von Rödinghausen entfernt, mit den 29 dazu gehörenden Familien an das Stift Herford übertragen wurde. Da Rödinghausen relativ weit von Bünde entfernt liegt, ist anzunehmen, dass das Kloster nicht allzu lange nach der Übertragung von Haus Kilver im hiesigen Raum eine Kir-che gebaut hat.
Die Bartholomäuskirche wäre damit eine vom Stift Herford gegründete und ausgestattete Eigenkirche. Aus der zweiten Urkunde von Ludwig dem Deutschen - aus dem Jahr 853 - wissen wir ferner, dass es zusätzlich zu der Kirche in Bünde "ihr unterstellte Kirchen" gab, vermutlich ist damit unter anderen die Kirche in Rödinghausen gemeint.

Es ist demnach wahrscheinlich, dass im 9. Jahrhundert in Rödinghau-sen eine Holzkirche gestanden hat. Auch wenn diese Kirche klein und bescheiden war, muss sie dennoch eine Mindestausstattung gehabt haben, damit die Messe gelesen werden konnte. Unverzichtbar ist ein Altar, auch wenn er nur die Form eines einfachen Tisches hatte. Unverzichtbar sind ferner die liturgischen Bücher und Gewänder, schließlich auch ein Kelch für die Kommunion sowie einen Hostienteller.

Wie lang dieser Holzbau gestanden hat und wann er durch ein Steingebäude ersetzt wurde, ist unbekannt. Über die erste steinerne Kirche liegen nur mittelbare Informationen vor. Bei den Ausgrabungen im Jahr 1962 stießen die Archäologen auf "grobe Bruchsteine zweiter Verwendung (...), an denen verschiedentlich rot bemalter Putz haftete". Diese Bruchsteine können zu der ältesten steinernen Kirche gehört haben. Auch an anderer Stelle wurden Mörtel- und Putzreste von einem unbekannten Bau gefunden. Von diesen Spuren ausgehend können wir annehmen, dass es als Nachfolgerin des Holzgebäudes eine archäologisch nicht mehr rekonstruierbare steinerne Anlage gegeben hat. Zu dieser steinernen Kirche gehörte ein Turm, von dem Fundamentreste unter der südlichen und der nördlichen Turmwand erhalten ist. Weiterhin wird vermutet, dass diese Kirche eine Holzdecke besaß. Aus der Tatsache, dass die Archäologen 1962 eine Brandschicht fanden wird geschlossen, dass diese Holzdecke und mit ihr möglicherweise die gesamte erste steinerne Kirche abbrannte. Der Brand muss sehr stark gewesen sein, da die Erde 5 cm tief rot durchbrannt war. Dieser Brand kann dann auch den Anlass zu einem zweiten steinernen Bau gegeben haben.

Dessen Fundamente tauchten bei den Ausgrabungen im Jahr 1962 auf; und sie bildeten einen der Hauptgegenstände dieser Grabung. Von den Archäologen wird dieser - zweite - Steinbau auf das 12. Jahrhundert datieren. Der querrechteckige Chorraumes dieser Kirche hatte die lichten Maßen von 4 m Länge und 5,5 m Breite. Das dazu gehörende Kirchenschiff selber war 7,20 m breit und 15,70 m lang. Zu dieser Saalkirche rechnen die Archäologen auch den viergeschossigen Westturm. Am Turm sind auch heute noch die folgenden romanischen Baumerkmale zu erkennen: In der Nord- und der Südseite des Turms befinden sich jeweils ein - vermauertes - rundbogiges Fenster. Von einem folgenden Zwischengeschoss waren eine breite Öffnung nach Osten und zwei kleine Fenster in der Nord- bzw. Südwand vermauert. Die breite Öffnung entsprach dem Zugang zum Dachraum der mit einer Holzdecke ausgestatteten Kirche. Das letzte darüber liegende Geschoss besaß im Osten zwei kleine Arkaden, im Norden und Süden je eine Arkade ohne Teilungssäulchen.
Bei der Ausgrabung wurde ferner im Kirchenschiff ein "Westfundament" freigelegt, das etwa 1,80 m vor der Westwand parallel zu dieser verläuft. Auch die Steine für dieses Fundament stammen aus zweiter Verwendung, ihnen haftet Mörtel an. Möglicherweise diente das Fundament als Unterzug für einen Emporenbau im hinteren Kirchenschiff, möglicherweise wurde mit ihm auch ein Taufraum abgetrennt.

Dieser zweite steinerne Bau - auch das haben die archäologischen Grabungen erbracht - hat grundlegende Umbaumaßnahmen erlebt. Zum einen wurde die Kirche nach Süden verbreitert, zum anderen wurde sie mit einem romanischen Gewölbe versehen.
Die Verbreiterung der Kirche um etwa 30 cm nach Süden lässt sich an drei Punkten entlang der gesamten Südfront der Kirche ablesen. Die gesamte Südwand des Kirchenschiffs hat auf der Kircheninnenseite einen Fundamentgraben, in dem die alte Südwand stand. Das oben erwähnte Westfundament reicht nur bis an diesen Fundamentgraben heran, es ist also vor der Verbreiterung der Kirche gebaut worden. Weiterhin ist die südliche romanische Chorwange mit ihren 165 cm um 30 cm breiter als die nördliche mit ihren 135 cm. Schließlich steht der Turm nicht in gerader Linie auf den Fundamenten des ältesten nachweisbaren steinernen Turmes, sondern um 25-30 cm nach Süden versetzt. Dieses Versetzen des Turms war nötig geworden, um der Kirche nach der Verbreiterung nach Süden ihre alte Symmetrie wieder zu geben.
Im Zuge einer weiteren Baumaßnahme wurde die Kirche mit einem romanischen Gewölbe versehen. Ab der Mitte des 12. Jahrhunderts ent-standen diese Wölbungsbauten an vielen Orten in Westfalen. Mit der größten Vorsicht und Zurückhaltung können wir von daher annehmen, dass die Romanisierung der Rödinghauser Kirche nach der Mitte des 12. Jahrhunderts durchgeführt wurde. Von diesem romanischen Gewölbe sind zwei Wandvorlagen und ein Jochbogen - und zwar im Kircheninneren an der Turmwand - erhalten geblieben. Die Wandvorlagen für die weiteren drei Jochbögen liegen unterhalb des heutigen Fußbodens. Aus den vier Bögen ergibt sich, dass die so romanisierte Kirche drei Joche besaß. Aufgrund der Abmessungen dieser Bögen können wir uns erstmals ein recht genau-es Bild von Größe und Form des Kirchenschiffes machen. Die Bögen haben bis auf 2,35 m Höhe einen lichten Abstand von 7,06 m, und sie haben eine lichte Höhe von 5,88m. Das Kirchenschiff war 15,70 m lang und en-dete vor den klobigen Chorwangen.

Mit Sicherheit wurde der Turm im Zuge der Romanisierung verstärkt, nach der Zählung des verstorbenen Pastor Hobel wäre dies die dritte Turmbaumaßnahme. Die Mauerstärke wurde auf 110-115 cm erweitert, im Fall der Ostwand durch den 42 cm dicken romanischen Bogen. Spätestens bei diesen Baumaßnahmen erhielt der Turm einen Eingang mit romanischem Rundbogen an der Nordseite, der auch heute noch von außen zu erkennen ist. Das erste Stockwerk des Turmes wurde als Empore angelegt, vom Kirchenschiff durch eine Wand mit 2,70 m breitem Rundbogen abgetrennt. Dieser Rundbogen wurde zu einem späteren Zeitpunkt bis auf eine schmale Tür zugemauert und erst im Jahr 1962 in seiner ursprünglichen romanischen Form wieder hergestellt. Im darüber liegenden Turmstockwerk ist noch die Einstiegsöffnung zum Dachboden des romanischen Gewölbes in vermauertem Zustand zu erkennen. Die Gestalt, die der Turm im Zuge der romanischen Einwölbung erhielt, besitzt er im wesentlichen auch heute noch. Im 16. Jahrhundert wurde lediglich der Eingang verlegt und der Turm erhöht. Im Turminneren ist in der Nordwand heute ein ehemaliges Weihwasserbecken zu sehen, das dem 12. Jahrhundert zugeord-net wird. Das Becken ist später an dieser Stelle in die Wand gesetzt worden.

Zu einem uns unbekannten Zeitpunkt erhielt die Kirche einen südlichen Anbau, das im Volksmund so genannte "Neue Werk". Dieses "Neue Werk" besaß die Breite des östlichen Joches und war etwas tiefer. Der Kirchenhistoriker Hugo Rothert bezeichnete das Neue Werk als Anbau mit romanischem, gerade aufgehendem Kreuzgewölbe und einer Altarnische. Der Kunsthistoriker A. Ludorff beschrieb das "Neue Werk" als frühgotisch.
Bei den archäologischen Ausgrabungen trat an der Innenseite der Westwand des "Neuen Werks" eine 60 cm breite Fundamentmauer ohne erkennbare Funktion zutage. Hierbei handelte es sich um ein reines Trockenfundament mit Lehm. Von diesem Fundament aus können wir die Frage nach einem Vorgängerbau für das "Neue Werk" stellen, sozusagen nach einem "Alten Werk". Wenn wir diesen Vorgängerbau annehmen, ergibt auch die Bezeichnung "neu" bei dem "Neuen Werk" einen Sinn.

Die erste schriftliche Erwähnung der Bartholomäuskirche stammt aus dem Jahr 1233. In einer Urkunde des Kölner Erzbischofs Heinrich [von Moelenark] wird die "Kirche Rothinchusen" lediglich genannt; Informationen zum Kirchengebäude enthält das Dokument nicht. Die Ausstattung einer Kirche im 13. Jahrhundert war erwartungsgemäß umfangreicher als im 9. Jahrhundert. Zur Kirche gehörten mit Sicherheit der Turm mit Glocke, anstelle von Bänken eher Stühle, die die "Kirchspielsleute" kaufen muss-ten. Ein Altar war unverzichtbar, nicht jedoch eine Kanzel. Der Geistliche konnte auch vom Chor aus predigen. Standkreuze waren zu dieser Zeit nicht weit verbreitet, die Bartholomäuskirche kann ein aufgehängtes Kreuz gehabt haben. Ab dem 13. Jahrhundert sind Sakramentshäuser zur Aufbewahrung der Hostien in Gebrauch. Weiterhin wird der Rödinghauser Pastor einen Kelch, einen Hostienteller und liturgische Bücher wie Messbuch, Evangeliar oder Epistolar zum Lesen der Messe gehabt haben. Schließlich ist noch der für alle Kirchen typische hohe Wachskonsum zu nennen, im Gebrauch der Kerzen verbanden sich praktische Aspekte wie das Bedürfnis nach Licht mit dem religiösen Aspekt. Der erste namentlich bekannte Pastor an der Bartholomäuskirche war Ehrn Johann von der Halle, von dem nur die Jahre 1394 und 1407 als Lebensdaten bekannt sind.

Das Patronatsrecht, das Vorschlagsrecht zur Besetzung der Pfarrstelle an der Bartholomäuskirche hatte das Gut Waghorst, das einzige der drei Herrensitze im Kirchspiel Rödinghausen, das nicht mehr besteht. Aus diesem Patronatsrecht leiteten die Herren auf Waghorst, die Familie von dem Busche, das Recht ab, ihre Familienmitglieder in der Kirche begraben zu lassen. In diesem Zusammenhang sind im späten Mittelalter im Chorraum eine größere und eine kleinere Gruft entstanden. Darüber hinaus sind durch die archäologischen Grabungen fünf weitere über das Kirchenschiff verteilte Gräber bekannt geworden.

Die nächste große Baumaßnahme an der Bartholomäuskirche fand im 16. Jahrhundert statt. Wilhelm von dem Busche , Erbherr auf Gut Waghorst, ließ die Kirche umbauen und vergrößern. Aus der bis dahin romanischen Kirche wurde das Tonnengewölbe entfernt und ein gotisches Kreuzrippengewölbe eingezogen. Hierzu gehörten Rippen und Schlusssteine in Schiff und Chor auf Konsolen, Grate und Eckpfeiler im südlichen Anbau sowie ferner Grate in der Sakristei. Den Chor ließ von dem Busche mit einem 5/8-Schluss um 5,60 m nach Osten erweitern. Die neuen Fenster waren spitzbogig und zweiteilig mit Maßwerk am Kirchenschiff, und einteilig im südlichen Anbau. Die Schalllöcher wurden flachbogig gehalten. Die Kirche erhielt drei Eingänge. Der im südlichen Anbau war spitzbogig, der neue an der Westseite des Turms gerade geschlossen (und der alte an der Nordseite wurde zugemauert), und der in der Sakristei flachbogig. In engem zeitlichem Zusammenhang mit dieser Baumaßnahme stiftete die Familie von Korff den Flügelaltar, siehe unter "Kunstschätze".

Zur Datierung dieses Umbaus können ein Wappenstein und Steinmetzzeichen herangezogen werden. Der Wappenstein befindet sich im südlichen Teil der Kirchenostwand neben einer Tür zur Sakristei. Dieser Stein mit dem Allianzwappen der Familien v.d. Bussche und Langen zeigt drei Streitäxte des Stammhauses von dem Bussche-Ippenburg und eine schräg gestellte Schafschere der Familie v. Langen. Darüber ist eine Zahl in römischen Ziffern eingemeißelt, die sowohl als 1509, 1520 und 1560 gelesen werden kann. Dahinter folgt das Steinmetzzeichen von Meister Cord Tönnis. Kunsthistoriker, die die Kirche vor mehr als einem Jahrhundert gesehen haben, haben ausnahmslos 1509 gelesen. Möglicherweise wurden in dem Jahr wesentliche Bauelemente vollendet. Cord Tönnis, der Schlossbaumeister der Weserrenaissance aus Hameln, hat hingegen zwischen 1548 und 1565 in der Region mit seinen Gesellen gearbeitet. Es ist denkbar, dass Wilhelm v.d. Bussche die Gotisierung der Bartholomäuskirche im ersten oder zweiten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts initiierte und dass die Baumaßnahme erst um das Jahr 1560 abgeschlossen wurde. Angesichts der Größe Rödinghausens, der in der Zeit zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel und der Tatsache, dass in diesen Jahren die Reformation statt fand, ist dies eine durchaus plausible Annahme.

Ein späterer Besitzer der Waghorst, Eberhard von Korff, ließ im Jahr 1585 den Turm erhöhen. Eigenartigerweise erhielt dieser Turmteil romanische Rundbogenfenster. Eberhard von Korff war es auch, der 1585 die Kanzel stiftete, siehe unter "Kunstschätze".

Nach der Gotisierung der Kirche im 16. Jahrhundert sollten etwa 350 Jahre bis zum nächsten großen Bauvorhaben vergehen. Zu einem völligen Stillstand kam die Bautätigkeit jedoch nicht. So deuten die Jahreszahl 1647 auf der südlichen Empore - und die Beschaffung eines Abendmahlkelches im Jahr 1643 - darauf hin, dass die Bartholomäuskirche im Drei-ßigjährigen Krieg in Mitleidenschaft gezogen und anschließend repariert wurde. Was während des Krieges beschädigt wurde und ob nur die lange Empore neu hergestellt wurde, entzieht sich unserer Kenntnis.

Aus der Mitte des 18. Jahrhunderts stammt ein Allianzwappen, das der südlichen Querhaus-Ostwand angebracht ist. Links steht das Wappen von Sophie Henriette v. Treskow, rechts das von ihrem Mann Dietrich Heinrich v. Korff. Die beiden heirateten 1728; sie verstarb 1756, und er 1766. Sie trägt in ihrem Wappen im Schild drei rechts gekehrte Vogelköpfe mit Halsband. Sein Wappen enthält im Schild die Korff'sche Lilie, auf dem Helm einen Wulst, darüber wiederholt sich die Lilie, die von zwei Meerjungfern mit Fischschwänzen und Flossen gehalten wird.

Im 19. Jahrhunderts litt die Bartholomäuskirche zweimal unter Bränden. 1816 ging bei einem Brand im Dorf der Dachstuhl der Kirche in Flammen auf. Im Jahr 1884 schlug der Blitz in den Turm ein; der Turm wurde darauf hin erhöht und mit neuem Schiefer gedeckt.

Wenige Jahre später kam es zu dem bislang letzten großen Umbau der Bartholomäuskirche. In den Jahren 1893/94 erhielt die Kirche die Querhausarme und damit die Gestalt, in der sie sich heute präsentiert. Hierfür wurde das "Neue Werk" abgerissen, desgleichen die Sakristei an der Südseite und der Fachwerkanbau an der Nordseite des Kirchenschiffs. Über die Erbauung von Sakristei und Fachwerkanbau wissen wir nichts. An der Nordseite des Kirchenschiffs wurde die Außenmauer des zweiten Gewölbes von vorne abgebrochen; die Außenmauer im ersten Gewölbe war für den Fachwerkanbau bereits abgetragen worden. An der Südseite bestand bereits eine Maueröffnung im zweiten Gewölbe zwischen Schiff und "Neuem Werk"; hier entfernte man zusätzlich die Kirchenmauer im Bereich der alten Sakristei. Die Westwand des "Neuen Werk" mit ihrer Dicke von 125 cm blieb stehen, alle anderen Außenwände der Querhausarme wurden neu in einer Stärke von 80 cm errichtet. Hinzu kamen weiterhin auf beiden Seiten des Chores jeweils zwei Sakristeien und zwei Treppenhäuser mit 3/12-Schluss.
Bereits im Mittelalter war die Bartholomäuskirche durch die Sitte, dass die Gläubige sich Kirchenstühle kaufen mussten, eine "eigensitzige" Kirche geworden. Dieser Zustand, dass sich die Masse der Kirchensitze in Privatbesitz befand, hielt bis zum Ende des 19. Jahrhunderts an. Nach Kirchenrecht verloren 1893 die Besitzer das Recht an ihren Kirchenstühlen, die Kirche war künftig "freisitzig". Die Eigentümer konnten lediglich eine finanzielle Entschädigung verlangen.

Am Ende des 19. und in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wurden an der Bartholomäuskirche zwei Kriegerdenkmäler errichtet; ersteres erinnerte an die Toten der Kriege 1864/66 und 1870/71, letzteres an die Toten des 1. Weltkrieges. Da insbesondere der Text auf dem älteren Denkmal nach dem 2. Weltkrieg als "nicht mehr zeitgemäß" eingestuft wurde, riss man beide Denkmäler in den 1960er Jahren ab. Einem Bedürfnis nach Trauer und Erinnerung aus der Bevölkerung folgend wurde ein neues Denkmal für die Toten aller Kriege errichtet, an den Deutschland beteiligt war. Das von den Oerlinghauser Bildhauer Bruno Buschmann gestaltete Mahnmal befindet sich in der Westwand des südlichen Querhausarmes. Über allen Jahren, in denen Deutsche Krieg geführt haben, steht das eigentliche Denkmal mit einem großen Trümmerfeld unter einem großen Gräberfeld. Durch das Gräberfeld zieht sich die Dornenkrone und unter den Kreuzen sind links die drei Kreuze von Golgatha sichtbar. In der Mitte herausgehoben ist eine "Friedensfläche" mit dem Vaterunser - und noch einmal herausgehoben - den Worten "Und vergib uns unsere Schuld", einem Bekenntnis zur eigenen Schuld in Zusammenhang mit jedem Krieg, verbunden mit der Bitte um Vergebung.

Eine große grundlegende Renovierung der Bartholomäuskirche fand in den Jahren 1962/63 statt. Dabei kam es - im Gegensatz zu allen vorhergegangenen Baumaßnahmen - zu einem grundlegenden Perspektivwech-sel. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte man die Kirche nach dem Stil und dem Geschmack der jeweiligen Zeit umgebaut. Bei der Renovierung 1962/62 versuchte man, der Kirche ihre ursprüngliche Form und Wirkung wieder zu geben. Dafür befreite man sie von den zahlreichen Einbauten, die sie eng und dunkel erscheinen ließen und rückte damit die Kunstschätze wie Altar, Kanzel, Apostelfiguren und Kreuz in das Zentrum der Aufmerksamkeit. Aus dem Wunsch, alte Bauelemente wieder sichtbar zu machen, legte man den romanischen Rundbogen mit Blick vom ersten Stock des Turmes in die Kirche wieder frei. Die beiden romanischen Rundbogenfenster in der Turmempore öffnete man und schloss die neogotischen Fenster.

Diese rekonstruierenden Baumaßnahmen haben nichts an der Tatsache ändern können, dass die tausendjährige Baugeschichte der Bartholomäuskirche am Gebäude ablesbar sind. Romanische, gotische, neogotische und neoromanische Bauelemente existieren nebeneinander, die wuchtigen Querhausarme über der südlichen Stützmauer unterstreichen den nach außen massig wirkenden Bau. Im Inneren dominieren Gotik und Neogotik, auf den großzügigen weißen Wandflächen kommen die Kunstschätze hervorragend zur Geltung.

Dank an: Pastor Hobel (+), Prof. Heinrich Rüthing, Universität Bielefeld

Altes Tragekreuz

 

Siegel aus dem Jar 1749

 

Kanzel

 

Blick vom Turm

 

Altarbild aus dem Jahr 1520